„Digital Leadership“ heisst, die Kompetenz von Führungskräften Mitarbeiter in digitale Welten zu führen. Doch meist gibt es nur neue Software. Damit ist es längst nicht getan. Warum „Digital Leadership“ keine technische, sondern eine soziale Herausforderung ist.
Ein neues Buzzword macht die Runde. Führungskräfte aller Branchen laufen wild umher, lassen neue Kollaborationswerkzeuge für ihre Teams installieren, schicken ihre Mitarbeiter in „Scrum Kurse“ und meinen, die Digitalisierung im Griff zu haben. Doch weit gefehlt: Die Digitalisierung stellt Geschäftsmodelle überall auf den Kopf und zwingt Unternehmer sich in immer kürzer werdenden Zyklen neu zu erfinden. Wer es nicht tut, dessen Existenz ist gefährdet.
Dieser Trend ist nicht neu: Bereits 1975 geschah dies im Hause Kodak. Sie hatten die erste Digitalkamera entwickelt – und sie dann doch nicht auf den Markt gebracht. Das analoge Geschäft warf ja noch genügend Gewinne ab. Heute geht es dem stationären Handel so, der dank Onlineversandhäuser Umsätze einbüßt. Taxler kämpfen mit UBER, Hotels mit AirBnB. Wer die neuen Technologien geschickt und strategisch nutzt, kann tatsächlich besser werden und seine Zukunft sichern.
Highspeed auf der Digitalautobahn
Die Zyklen um sich neu zu erfinden sind durch die Geschwindigkeit des Mediums viel kürzer geworden. Christoph Keese ist Executive Vice President von Axel Springer, ein Unternehmen, das selbst von der digitalen Revolution betroffen ist: „Man muss sich trauen dorthin zugehen, wo man sich selbst und sein Geschäftsmodell sogar zerstört. Kein Wunder, dass die wahre Disruption oft von Branchenfremden kommt.“
Wer keine Zeit verlieren und „the next big thing“ nicht verpassen will, der führt im Sinne der digitalen Revolution Tools und Techniken ein, die es Mitarbeitern aus allen Teams, Standorten und Ebenen ermöglicht, Ideen leicht auszutauschen, ihr Wissen zu teilen und Inputs anderer zu kommentieren. Dank dieser sogenannten „social collaboration tools“ wächst die Hoffnung, modern und effektiver zu werden, indem z. B. die Anzahl der Meetings verringert werden. Und genau darum geht es: Highspeed auf der Digitalautobahn.
Führungskräfte sind gefordert, über den Tellerrand zu schauen, Hierarchien abzubauen und sich selbst nicht ganz so wichtig zu nehmen. Sie werden von allwissenden Machthabern zu Moderatoren einer neuen Innovationskultur. Denn die nächste entscheidende Idee kann immerhin vom Front Desk Mitarbeiter genauso wie vom Verkaufsberater kommen.
Digital Coolness – Transparenz, Vertrauen, Fehler
Doch Voraussetzung dafür ist, dass die Mitarbeiter mitmachen. Und mitmachen werden diese nur, wenn im Unternehmen eine Kultur der Transparenz und des Vertrauens herrscht. Wer teilt schon gerne seine Geistesblitze online, wenn diese vielleicht lächerlich gemacht werden oder sogar Konsequenzen für den eigenen Job haben könnten?
Vertrauen statt Kontrolle ist das Schmiermittel für den virtuellen Team-Motor. Führungskräfte sind hier einmal mehr gefordert für intrinsische Motivation zu sorgen, denn mit gewöhnlichen Dienst nach Vorschrift wird kollaboratives Arbeiten nicht zielführend statt finden. Die Kulturen in den Organisationen ändern sich weg vom „Ich“ zu einem „Wir“. Das erfordert Führungsarbeit wie aus einem Lehrbuch.
Eine neue Kultur des Fehlermachens und Scheiterns ist unumgänglich: Wer lange Phasen des Planens in Kauf nimmt, nur um keine Fehler zu machen, der wird von der Konkurrenz bald links überholt. Es gilt, die Dinge früh auszuprobieren, Fehler zu machen, daraus zu lernen und es wieder zu versuchen. Führungskräfte brauchen dazu eine große Portion „Digital Coolness“, eine Gelassenheit im Umgang mit eigenen und fremden Schwächen.
Das Digitale darf das Soziale nicht verdrängen
Man könnte sagen: „Digital Leadership“ meint noch viel mehr als nur die Lieferkette oder das Kundenerlebnis zu digitalisieren. Es fordert uns auf, die Kulturrevolution, die wir gerade alle erleben, auf menschlicher Ebene aktiv zu gestalten. Denn die genannten Themen wie Machtabbau, Transparenz, Vertrauen, eine neue Fehlerkultur und Gelassenheit sind wohl alles andere als technologische Herausforderungen. Die sind sozialer Art.
Es ist das neue digitale Mindset, das die Regeln des Spiels verändert. Die Maximen dieses Mindsets- Partizipation, Offenheit, Führen auf Augenhöhe– sind jedoch bei weitem nicht neu und wurden nicht gerade erst erfunden. Paradoxerweise scheint aber die Technologie genau der Treiber zu sein, der den Mensch als solches wieder in den Mittelpunkt rückt.
Google HR Manager Franz Kohl-Boas formuliert es in der Studie Digital Leadership Studie 2016 wie folgt: „Ein Mehr an Vernetzung und der Einsatz neuer IT Systeme nutzt wenig, wenn das Führungsverständnis ein traditionelles bleibt.“ Es bedeutet meines Erachtens noch mehr: Das Digitale darf das Soziale in der Führungsarbeit nicht verdrängen. Menschen wollen geführt werden durch Empathie und Kommunikationen der Führungskräfte, nicht durch Algorithmen und entsozialisierte Wikieinträge im Intranet. Â
Erfahren Sie zu späterer Zeit in diesem Blog, ob dieses „Digital Mindset“ bereits in Deutschland ankommen ist und warum die digitale Transformation nicht gelingen mag.
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