Kennen Sie das? Menschen starren auf ihre Smartphones. Ihre Kinder kleben an ihnen. Krach im Kinderzimmer, sobald Sie die Nutzung regeln möchten. Lange Diskussionen am Morgen, am Mittag und abends. Sie denken als Erwachsener hätten Sie Ihr Smartphone im Griff. Doch weit gefehlt, die wirklich Smartphone-Junkies sind nach aktuellen Zahlen Sie, die Großen. Und vielerorts ein schlechtes Vorbild für die Kleinen, Kinder und Jugendlichen. Es wird Zeit für eine Digitale Diät unter den Erwachsenen!
Hören Sie hier den achtminütigen Podcast zum Thema
Digitale Diät – Trend aus USA
Die digitale Diät ist der neue Trend im amerikanischen Silicon Valley. Themen, die im Silicon Valley kursieren, werden in Deutschland mit besonders hohem Interesse wahrgenommen. Denn das Valley ist das Vorbild für die digitale Wirtschaft in Deutschland. So nehme ich es meinen täglichen Gesprächen mit den Entscheidern zum Thema wahr.
Digitale Diät im deutschsprachigen Bereich
Doch was ist das eigentlich Digital Detox? So fremd der Begriff so belustigend auch seine Bedeutung: Für einen vorher fest definierten Zeitraum wird auf die Nutzung von Smartphones und Computern verzichtet. Ziel: Die digitale Auszeit soll Stress reduzieren, weg vom „Always-On“ und der virtuellen Welt, zurück zum Bewusstsein des realen Lebens. In den USA gibt es bereits sogenannte „Digital-Detox-Camps“, die – veranstaltet weit ab mitten im Wald – eine Art Neustart für den Körper anbieten (z. B. digitaldetox.org).
Die digitale Diät erreicht nun auch Deutschland, das Land, das 2007 das erste massentaugliche Smartphone (iPhone) bekam und das seitdem die digitale Revolution ausgerufen hat. Hier können Sie nun auch – ähnlich wie in den USA – ebenfalls Digital Detox Seminare besuchen. Zum Beispiel bietet thedigitaldetox.de Seminare, Vorträge und Camps an, um vom heiß geliebten Smartphone Abstand zu bekommen. Einige Ferienanbieter haben sogar „Digital Detox Urlaube“ auf den Markt gebracht: In der Steiermark gibt es Offline Urlaub in Österreich. Hotels bieten hier Zimmer ohne Handy-Empfang, Internet und Fernseher an.
Klare Suchtanzeichen bei Smartphone-Nutzung
Der Forscher Alexander Morawetz und sein Team haben mittels einer entwickelten App das Verhalten von Smartphone-Nutzern untersucht. Die Ergebnisse hat er in seinem neuen Buch „Digitaler Burnout: Warum unsere permanente Smartphone-Nutzung gefährlich ist“ (erschienen im Oktober 2015) veröffentlicht. Mehr als 300.000 Menschen haben die App auf ihrem Handy installiert und davon sind bereits etwa 60.000 Nutzer analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass wir uns bis zu drei Stunden täglich mit unserem Smartphone beschäftigen und es im Durchschnitt 55 Mal am Tag in die Hand nehmen, 120 Aktivierungen täglich und eine Stunde Facebook – wohlgemerkt bei Menschen zwischen 14 und 65 im statistischen Mittel.
Die Folgen sind, dass wir aufgrund ewiger Wischerei und Tipperei die wichtigen Tätigkeiten unterbrechen und deswegen unkonzentriert sind. Das macht auf Dauer krank. Immer mehr Menschen können nicht mehr abschalten und geraten unbewusst in eine digitale Dauernutzung. Das ist nicht nur in der Freizeit ein Problem. Viele Arbeitgeber sind der Meinung, dass ihre Mitarbeiter auch nach Feierabend erreichbar sein sollten. Die Mitarbeiter nehmen ihr Diensthandy mit nach Hause und checken nebenbei in ihrer Freizeit ständig geschäftliche E-Mails. Dies geschieht aufgrund der Erwartungshaltung einer höheren Produktivität der Mitarbeiter. Doch das Gegenteil ist der Fall (höre Podcast zur Produktivität von Smartphones in Unternehmen).
Produktiver werden mit mehr „Off“ – Time
Es geht sogar so weit, dass über „Smart-Phone-Ersatz“ nachgedacht wird. Über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter hat „The NoPhone Team“ aus New York das „NoPhone“ finanziert und entwickelt: ein Handy, das keinerlei Funktion bietet. Dies soll Smartphone-Süchtigen bei der digitalen Diät unterstützen. Das „NoPhone“ vermittelt das Gefühl, trotzdem ein Handy in der Tasche zu haben, wenn das echte Smartphone zu Hause bleibt.
Darüber hinaus hilft die App Offtime. Mit ihr können echte Smartphone-Nutzer ihr Verhalten analysieren. So sollen Gewohnheiten bei der Nutzung erkannt und bewusst gemacht werden. Offtime gibt eine tägliche Übersicht, Alarmfunktionen informieren über das aktuelle Nutzungsverhalten. Es können persönliche Ziele und Limits für die Interaktion mit dem Smartphone gesetzt werden.
Offtime kann keine Lösung für digitales Fehlverhalten oder unkontrolliertes Nutzungsverhalten alleine sein. Doch sowohl Kinder als auch Erwachsene können sich mit seiner Hilfe sensibilisieren. Viele werden überrascht sein, wie uferlos sich die persönliche mobile Nutzung unterschwellig ausgedehnt hat. Ob Sie dann ein Detox-Seminar benötigen, ist eine andere Frage. Aber vielleicht machen drei Tage Klosteraufenthalt sowieso mal Sinn, um die Komplexität des Alltags für eine Weile hinter sich zu lassen und mal wieder ein reales Buch in die Hand zu nehmen. Probieren Sie es aus und erzählen (nicht sharen) sie es weiter.
So bekommen Sie Ihre Smartphones wieder in den Griff:
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