Warum Denken nicht schadet und Ausprobieren unsere Kinder belastet
Deutschland befindet sich in der Digital-Euphorie. Das Internet ist bei nahezu allen Menschen angekommen. Die häufigste Nutzung des Internets erfolgt über das eigene Smartphone. Die Nutzungsdauer schnellt seit Jahren in die Höhe. Aktuell liegt sie bei ca. 3,5 Stunden täglich im statistischen Mittel. Das bevorstehende Weihnachtsgeschäft wird dominiert von internetbasierten Endgeräten, begonnen bei Smart-TVs, Drohnen, Sprachboxen (z. B. Alexa) und natürlich dem wichtigsten Lieblingspartner, dem neuesten Smartphone.
Obwohl die politischen Sondierungsgespräche der „Jamaika“-Verhandlungspartner seit Anbeginnan stocken, sind sich die Verhandlungspartner nur in einem Thema völlig einig: Digitalisierung muss noch mehr Fahrt aufnehmen – schneller, höher, weiter. Endlich muss Digital flächendeckend in alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche verpflanzt werden, vor allem Glasfaserkabel und neue Sende-/Empfangssationen für mobile Endgeräte, internetbasierte Sensoren und nicht zu vergessen: Tablets für die Kleinsten in Kitas und Grundschulen.
Die FDP lief vorneweg mit Patrick Lindner und forderte nicht nur in NRW, sondern auch im Bundestagswahlkampf mit wehender Fahne die „Trial&Error-Republik“, einem Denkparadigma des Silicon Valleys, solange an einer App herumdoktern, bis sie funktioniert. Wer mag da schon (nach-)denken, wenn die App-Entwickler aus USA die Langeweils vieler Menschen mit einer Katzenvideo-App dauerhaft zu unterbrechen verstehen.
Der Wunsch: Alle sollen mal alles mit dem Internet ausprobieren, dann klappt das schon mit der Beta-Republik Deutschland. Dahinter stecken politisch-individuelle Interessen der Protagonisten, und die Hoffnung, Digitalisierung wird als der wichtigste Treiber die Steuer- und Rentenkassen in Zukunft voll spülen. Bedenken? Die werden dafür nicht gebraucht. Erstmal machen, und die Folgen für Menschen und für die Gesellschaft, die bezahlen dann die Menschen mit höheren Krankenkassen- und Rentenbeiträgen. Denken zuletzt, Durchdigitalisieren über Alles.
Unbestritten betrachte auch ich die Chancen der Wirtschaft auf Grundlage der digitaltechnischen Entwicklung als positiv, immer dann wenn Digitalisierung Arbeitsplätze schafft und dem Gemeinwohl dient. Doch eben das Gemeinwohl ist nach herrschender Rhetorik der größten Protagonisten aus Poltik und Wirtschaft in Gefahr, und wir, das Volk laufen wie Lemminge und Pokémon-Abhgängige hinter der Virtualität hinterher.
Im Besonderen im medizinischen Bereich erwarte ich in Zukunft bahnbrechende Entwicklungen für die Diagnose, Früherkennung oder schnellen Behandlung unserer Volkskrankheiten. Ich finde es gut, wenn meine Tochter und ihr Nachwuchs in Zukunft Zugang zu einer Hightech-Medizin bekommt, um ihr glückliches Leben so lange wie möglich auszukosten und diese Welt mitgestalten zu können. Alleine die Möglichkeiten von medizinischen Big Data-Lösungen begeistern, wenn zum Beispiel weltweit Erkenntnisse aus Befunden gesammelt, strukturiert ausgewertet werden (Laden Sie sich hier das kostenfreie Magazin „Digitale Magazin“ des Bundesverbandes Medien und Marketing herunter).
Eine wirklich tolle Sache, wenn auch hier nicht das Pferd von hinten aufgezäumt wird. Anstatt Volkskrankheiten wie Abhängigkeitsverhalten jeglicher Art (stofflich, physisch, Physisch) durch eine kritische Berichterstattung und mehr Präventionsarbeit erst gar nicht entstehen zu lassen, lernen intelligente Industriegesellschaften nicht aus der Vergangenheit und gehen bewusst das Risiko ein, lieber die Symptome zu bearbeiten, wenn „das Kind in den Brunnen gefallen ist“.
Nötig ist meiner Überzeugung nach neben unbestrittenen Chancen und partiellen Vorteile, die wir durch Digigtalisierung heute erfahren und in Zukunft erwarten dürfen, ein kritischer Diskurs mit dem Ziel, heute die Risiken und Nebenwirkungen der Digitalisierung nicht unter den Teppich zu kehren, sondern ebenso an die Menschen zu bringen, wie deren Chancen. Im Übrigen ist das die Grundlage für jede menschliche Mündigkeit. Im Übrigen sind hier vor allem die Kinder und Jegendlichen die sensibelsten Empfänger und lassen sich noch am ehesten an Werte wie Mündigkeit und Kritikfähigkeit heranführen.
Vielleicht sollte man die FPD Wahlkampagne „Digital First – Bedenken Second“ umbenennen in „Denken First – Digital Second“. Damit meine ich, die Auseinandersetzung mit einer digitalen Zukunft, von der niemand weiß, wie sie wirklich aussehen wird, eine Beschäftigung, was digitale Technologien mit ihrer Wucht und Repräsentativität mit den Menschen macht, mit einer gesellschaftlichen Diskurs, wie sich diese Veränderungen auf die Gesellschaft auswirken könnten, mit einer kritischen Würdigung, das Kinder heute nicht zu Wisch- und billigen Klickmonstern herangezogen werden, sondern zu kritischen Gestaltern ihrer Zukunft, in der meiner Überzeugung nach digitale Technologien nur Werkzeuge sein dürfen, aber niemals lebenserfüllenden Zweck bekommen darf, wie es heute für immer mehr Menschen das eigene Smartphone ist.