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Dr. App: Helfen Psycho Apps? (3 Tipps zur Nutzung)

Smartphone Apps können bei der Behandlung psychischer Erkrankungen helfen. Über ihre Risiken und Nebenwirkungen informiert leider keine Packungsbeilage – dafür aber dieser Blogpost.

 

In den letzten Jahren werden immer mehr Apps entwickelt, die zur Behandlung psychischer und psychiatrischer Erkrankungen wie zum Beispiel Depressionen, Ängste, Zwänge oder posttraumatische Belastungsstörung eingesetzt werden können. Solche Apps messen Stimmungsschwankungen, Verhalten und körperliche Reaktionen wie zum Beispiel vermehrtes Schwitzen.

Sie sollen bei psychischen Leiden den menschlichen Psychologen sogar ersetzen. Die Macher der Apps argumentieren, dass ein Psychologe nicht immer an Ort und Stelle sein kann, die App ist – sobald Sie auf dem Smartphone installiert ist – dagegen immer griffbereit.

 

Von harmlos bis gefährlich

Mittlerweile gibt es für eine ganze Bandbreite psychischer Problemen Therapien aus der Hosentasche: Wer auf der Suche nach sich selbst ist, kann seine Wischtechnik am Smartphone analysieren lassen und so Aufschluss zur eigenen Persönlichkeit erhalten. Davon versprechen sollte man sich ähnlich viel wie vom Tageshoroskop oder vom Psychotest aus der Frauenzeitschrift.

Andere Programme, wie etwa Optimism, helfen durch das kontinuierliche Aufzeichnen von Stimmungen oder Ängsten, Muster und dahinter liegende Auslöser zu erkennen. Apps wie iSleepEasy oder Magic Window greifen schon aktiv ins Wohlbefinden ihrer Nutzer ein. Sie offerieren Musik, Bilder aus der Natur oder eine Anleitung zur Muskelentspannung und richtigen Atmung für mehr Ruhe oder besseren Schlaf.

Als Best Practice gilt ein Beispiel aus Amerika: Das U.S. Department of Veterans Affairs bietet Kriegsveteranen, die an posttraumatischen Belastungszuständen und Stress leiden, eine kostenlose App. Der „PTSD-Coach“ (PTSD steht für „posttraumatic stress disorder“) hilft mit psychotherapeutischen Übungen und soll so den Betroffen den Umgang mit ihren Symptomen im Alltag erleichtern. Laut dem US-Ministerium nutzen bereits etwa 50.000 Menschen aus 60 Ländern diese Anwendung.

Brisant wird es allerdings, wenn eine App wie WhatsMyM3 Diagnosen stellt oder bei ernsten Erkrankungen wie einer Suizidgefährdung zum Rettungsanker wird.

 

Was Psycho Apps leisten – und was nicht

Viele Forscher tummeln sich zurzeit auf dem Gebiet. Sie sehen in solchen Apps den Vorteil, dass die Hürde zur psychotherapeutischen Behandlung geringer wird. Denn viele psychisch kranke Menschen schämen sich und scheuen den Gang zum Psychologen, zumal auch die Krankenkassen nicht immer zahlen. Fast ein Drittel aller Menschen haben im Laufe ihres Lebens mit psychischen Problemen zu kämpfen, aber nur eine Minderheit der Betroffenen erhält die nötige medizinische Behandlung. Eine App dagegen ist anonym, kostenlos und immer verfügbar.

Depression ist eine schwere und oft lebensbedrohliche Erkrankung, die professionell behandelt werden muss. Der erste Ansprechpartner sollte unbedingt ein Facharzt sein, der auf die Krankheit spezialisiert ist. Laut der Studie SPOTLIGHT Gesundheit der Bertelsmann Stiftung, 2016, gibt bisher fast keine Beweise zum Nutzen solcher Apps.

Auch existieren keine adäquaten Verfahren zur Nutzenbewertung. Die Apps, als „Digital-Health-Anwendung“ bezeichnet, werden als Medizinprodukte eingestuft. Nur werden die Zulassungsverfahren diesen Anwendungen nicht gerecht. Es fehlt an regulatorischen Bestimmungen. Für den Verbraucher ist nicht erkennbar, nach welchen Kriterien Anwendungen zugelassen werden und welche Aussagekraft die Zulassung für sie hat. Nicht selten werden die Apps eher von findigen Software Entwicklern als von Psychologen erstellt. Nur ein Gütesiegel über Qualität und Herkunft könnte dem Nutzer helfen, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Daneben steht auch die Frage im Raum, ob wir uns mit solchen Gesundheits-Apps nicht noch abhängiger vom Smartphone machen. Die häufige Smartphone Nutzung kann nachweislich Stress erzeugen und schadet dem Patienten womöglich mehr als sie ihm hilft. Auch Datenschutzfragen müssen geklärt werden. Apps, die so tief in unsere Privatsphäre eindringen, greifen damit natürlich sensible Gesundheitsdaten ab und speichern diese. Was passiert mit diesen Daten und könnte die Sammlung sensibler Information etwa die Einstufung im Krankenkassentarif beeinflussen?

 

Apps gegen Depressionen: Kann die Therapie ersetzt werden?

Können Smartphone Apps Erkrankungen vorbeugen, Patienten in der Behandlung begleiten oder am Ende gar den Therapeuten ersetzen? Smartphone-Apps können lediglich die Rolle eines Hilfsassistenten spielen, der an Termine, die Einnahme von Medikamenten oder Aktivitäten erinnert. Sie unterstützen den Patienten bei den therapeutischen Hausaufgaben. Ein Tool wie der PTSD Coach für Kriegsveteranen, kann so zwischen zwei Therapiestunden Übungen in den Alltag bringen, die das Gelernte weiter vertiefen.

Psycho Apps eignen sich auch um die Wartezeit auf einen Therapieplatz sinnvoll zu nutzen. Die strukturierte Aufzeichnung von Verhaltensweisen, Stimmungen oder anderen Merkmalen ermöglicht es dem Arzt, schneller die richtigen Schlüsse zu ziehen. Doch wichtig ist und bleibt: Die Nutzung und Interpretation der Daten muss immer unter der Anleitung eines Arztes stehen. Es ist gefährlich, diese App als reine Hilfe zur Selbsthilfe und als kompletten Ersatz für den Psychologen zu sehen.

 

3 Tipps zur Nutzung von Psycho Apps

  1. Vergewissern Sie sich, woher die App kommt und wer sie erstellt hat. Waren Ärzte, Psychologen und Therapeuten maßgeblich an der Entwicklung beteiligt? Welche Referenzen werden genannt? Recherchieren Sie die Namen im Internet.
  2. Welche Daten sammelt die App? Sind diese Informationen für Sie sensibel? Wenn ja, dann sollten Sie auf die Anwendung der App verzichten. Es gibt mit Sicherheit Alternativen.
  3. Wenn Ihnen Atemübungen und Musik aus einer App dabei helfen Ruhe zu finden, ist nichts dagegen einzuwenden. Denken Sie aber daran, dass der Algorithmus einer Software nie eine zuverlässige Diagnose und schon gar keine passende Behandlung ersetzen kann.
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