Word-of-Mouth! Alter Wein in neuen Schläuchen?
Vor Kurzem moderierte ich in Berlin für den BVMM-Kooperationspartner AGOF e. V. eine sehr interessante Veranstaltung. Es ging um das Thema „Word-of-Mouth-Marketing“. Seit vielen Jahrzehnten unter dem Begriff „Mundpropaganda“ bekannt, wird darunter klassisch die Verbreitung von Informationen oder Empfehlungen durch mündliche Weitergabe im persönlichen Gespräch, eben von „Mund zu Mund“ verstanden. Das Neue ist auch hier, dass neben der sozial-viralen Weitergabe die digital-virale Weitergabe insbesondere von Empfehlungen eine immer größere Bedeutung für den Verkauf und das Reputationsmanagement im Internet bekommt.
Am 4. Mai trafen sich Experten aus Agenturen, werbungtreibender Wirtschaft, sowie Kenner, Forscher und Berater im Word of Mouth Marketing Bereich zu praxisnahen Fachvorträgen und einer abschließenden Podiumsdiskussion (siehe Bild unten) im Microsoft Atrium. Mit dabei waren der Berater Mark Leinemann (Mr. WOM),  Stefan Sautmann (Managing Director Word of Mouth, Ströer Digital / mytest), Dr. Wolfgang Merkle (Director Corporate Marketing, Tchibo), Mandy Baumann (Client Development, Gallup Deutschland) und Arvid Boström (Chief Strategy Officer, MECglobal / GroupM).
Es gab einige interessante Aussagen der Experten:
- „Word-of-Mouth-Marketing lässt sich von Unternehmen organisieren“ (Mark Leinemann)
- „Paid Ads (Online-Anzeigen) wirken in der aktiven Kaufphase eines Online-Kaufes nicht!“ (Arvid Boström)
- „Es kommt auf die Communities an. Dort sind die Influencer, die wir als Vermarkter erreichen müssen.“ (Als Beispiel nannte er https://www.maedchentesterin.de). (Stefan Sautmann)
- „Nur 10% der Empfehlungen erfolgen tatsächlich online!“ (Mandy Baumann)
- „Lasst Eure Mitarbeiter endlich nach außen sprechen! Sie verkaufen Eure Produkte!“ (Tobias Röver)
- „Es kommt darauf an, andere Kunden als Meinungsbildner für das eigene Unternehmen zu gewinnen!“ (Dr. Merkle)
Sie werden sich vielleicht fragen: Das habe ich doch irgendwo schon mal gehört oder gelesen. Ist das der besagt alte Wein in neuen Schläuchen? Handelt es sich hier um ein Buzzword mit einem zusätzlichen digitalen Anstrich? Mir blieb bis auf einige wenige Aussagen der Eindruck, dass mit Hochdruck versucht wird, informelle Empfehlungsweitergabe zwangshaft organisieren zu müssen. Klar, daran haben Vermarkter und Berater ein besonderes (monetäres) Interesse. Doch es geht im Kern m. E. darum, eine digitale Ökosphäre um das Unternehmen aufzubauen, wie Dr. Merkle von Tchibo dies wunderschön darstellen konnte. Daher ist das Word-of-Mouth-Marketing weniger ein alter Wein in neuen Schläuchen, sondern – um in der Weinbausprache zu bleiben – eine Produktvariation, Bekanntem wird ein neues Etikett aufgeklebt und die Qualität durch eine Variation verändert. Und: Es schmeckt viel besser!
Last but not least sprach ich auf dem Podium mit Andreas Gebhard, einem der Gründer und CEO der re:publika, die just an diesem Abend ihre Tore öffnete. Er betonte, dass die re:publika nicht mit herkömmlichen Marketinginstrumenten beworben wird.
Gerald Lembke im Gespräch mit dem re:pulica-Gründer und CEO Andreas Gebhard
Die oben genannte Ökosphäre der re:publika basiere im Besonderen auf der Authentizität der Akteure. Er empfiehlt Unternehmen mehr „Demut“ im Umgang mit ihren Internetusern. Mein Fazit: Authentizität und Demut sind im Word-of-Mouth-Marketing zwei wichtige Kategorien, aber nicht nur da. Denn dort wo Sie lange wirken, entsteht etwas, was der Internetwelt immer mehr abhanden kommt: Vertrauen!