Beitrag

Sharing Ökonomie. Bewusster Konsum statt Eigentum

Sharing Ökonomie: Markt des selbstlosen Teilens

Der Begriff „Sharing Ökonomie“ ist neu und in aller Munde. Die Idee dahinter ist es aber nicht. Bereits in der Frühzeit der menschlichen Entwicklung gab es eine Teil- und Tauschwirtschaft. Und der große Ökonom Adam Smith hat in seinem „Wohlstand der Nationen“ den Tauschhandel als den Ursprung unseres ökonomischen Denkens bezeichnet. Was ist diese Sharing Ökonomie? Und wie kann sie zu einem persönlichen Glücksempfinden beitragen?

 

Sharing Ökonomie ist ein Buzzword, unter dem ich einen „Markt des selbstlosen Teilens“ verstehe. Markt des selbstlosen Teilens? Ein Widerspruch auf den ersten Blick. Denn Märkte sind heute weder selbstlose noch altruistisch funktionierende Konstrukte. Neue Denkanreize sind aber in den neuen Geschäftsmodellen zu suchen, wie wir sie bei geteilter Musik von Spotify, bei Privatwohnungen von Airbnb, den Ferienwohnungen von 9flats oder wimdu finden. Uber gehört auch dazu. Uber ist in Deutschland auf Grund von zahlreichen Klagen der Taxilobby bekannt geworden. Diese Online-Portale machen zwar keine neuen Märkte auf, aber sie revolutionieren sie, sie disruptieren bestehende Marktroutinen (dazu auch dieser Beitrag).

 

Kann Teilen Wirtschaft(en) verändern?

Das Teilen von Dienstleistungen und Konsumgegenständen über das Web 2.0 hat das Potenzial, eine neue Wirtschaftsordnung zu schaffen. Sharing Ökonomie stellt den gemeinsamen Nutzen vor den eigenen Besitz. Soziale Beziehungen werden zu einer ökonomischen Größe, zu kalkulierbaren Algorithmen. Wollte man früher die Dinge besitzen, verlagert sich der Konsumgedanke heute auf deren Nutzung. Der rein physische Besitz verliert nicht nur seinen Reiz, er verliert sogar seine Bedeutung, wie dieser Beitrag über die Generation Y zeigt. Die Privatperson ist das Wichtigste in dieser neuen Wertschöpfungskette. Der Mensch rückt in den Mittelpunkt des Wirtschaftens. Dies holt vermeintliche Sozialromantiker ans Tageslicht, die wider die Ökonomisierung und für mehr Menschlichkeit in der Wirtschaft plädieren. Das ist grundsätzlich kein schlechtes Ziel. Und die Sharing Ökonomie kann dazu sogar einen wichtigen Beitrag leisten, wenn Tauschen zu mehr menschlichen Begegnungen führt.

 

Für die Nutzung der Sharing-Ökonomie-Idee müssen daher nicht nur technische Voraussetzungen wie Hard- und Software vorhanden sein. Nutzer werden ihre Zeit einbringen und sie werden umfangreiche persönliche Informationen preisgeben. Dafür bekommen sie die Teilhabe an einer sich rasant entwickelnden, einfachen und effizienten neuen Geschäftsidee. Im Hinblick auf unsere Ressourcen ist die Überlegung des Teilens und Tauschens sicher sinnvoll. Denn die Verknappung von Rohstoffen ist kein neues Phänomen. Gleiches gilt für die Umweltbelastung in den Metropolen und Großstädten.

 

Beispiel: Mobilität

Ein in Deutschland aktuell intensiv diskutiertes Beispiel ist die Mobilität. Immer mehr Menschen geht es heute nicht mehr darum, über den Besitz eines Autos ihren Erfolg zu definieren. Es steht der Nutzen im Vordergrund. Ein interessantes Modell ist  nachbarschaftsauto.de, denn der Besitz des Autos wird nicht mehr an die Mobilität geknüpft. Die Berliner Community-Plattform organisiert, dass Nachbarn sich gegenseitig ihr Auto zur Verfügung stellen. Und wer sich die App für parkatmyhouse.com herunterlädt, kann seinen tagsüber ohnehin freien Garagen- oder Stellplatz stundenweise vermieten. Neben diesem privaten Sharing gibt es neue Modelle auf der Unternehmen-Konsumenten-Ebene. Mit car2go wird die zeitweilige Nutzung von Automobilen ermöglicht. Die Sparda-Bank Berlin hat für ihre Kunden „250 Freiminuten“ für car2go bereitgestellt. Denn in der Hauptstadt wächst mit dem zunehmenden Bedürfnis nach individueller Mobilität auch das Verkehrsaufkommen. Car2go kann da eine erhebliche Entlastung bringen.

 

In noch größerem Rahmen wird in der Sharing Society gedacht. In den Sharing Cities – wie hier in Berlin – entstehen neue Modelle, in denen soziale Beziehungen wachsen. Der Vorteil ist die Verbindung von privaten und öffentlich-rechtlichen Angeboten. Damit kann es gelingen, die üblichen Verkehrsprobleme in den Griff zu bekommen. Die App von moovel zum Beispiel kombiniert alle Verkehrsverbindungen: ÖPNV, Taxi, Mietfahrrad, Mitfahrgelegenheit usw. Der Trend ist da und setzt sich fort. Die Wachstumsraten für Shared Mobility liegen bis 2020 bei 30 Prozent. Auch die anderen Marktsegmente wachsen beständig.

 

Sonne erzeugt auch Schatten

Doch wie jeder erfolgversprechende neue Weg, so bringt auch diese „hybride Wirtschaft“ Kritiker auf den Plan. Einerseits versteht sich Sharing Ökonomie als die altruistische Form des Gebens und Nehmens. Andererseits tauchen erste Zweifel bei den Umsatzzahlen auf. Das Personenbeförderungsunternehmen Uber ist milliardenschwer. Airbnb verlangt, dass in Deutschland bestehende Gesetze angepasst werden – zur eigenen Umsatzmaximierung. Im Moment agiert das Unternehmen ohne Steuern, ohne Brandschutzbestimmung und ohne Auflagen. Das spricht nicht für zweckfreie Freundlichkeit, sondern für einen optimalen Geschäftsumsatz und größtmögliche Effektivität. Der Effekt dreht sich wieder um, die menschliche Beziehung wird zur Ware. Und dort, wo die Sharing Economy boomt, wächst der Druck auf die bestehenden Geschäftsprinzipien. Disruptive Geschäftsmodelle stehen in einem Dilemma zu den erhofften sozialen Befürwortern einer „sozialen Ökonomie“.

 

Fazit: Brücken bauen

Die Lösung ist offenbar weniger eine neue Ökonomie. Vielmehr kann das Teilen das persönliche Glücksgefühl steigern. Heute gehören Flexibilität und Mobilität zum Alltag. Ein Auto kann da sehr nützlich sein. Wer es braucht, kann es leihen. Wer es besitzt, muss Steuern, Versicherung und Reparaturen zahlen. Ähnlich ist es mit vielen anderen Konsumgütern und Dienstleistungen. Wenn Sharing Ökonomie das Potenzial hat, Beziehungen wieder wichtiger werden zu lassen als Produkte, dann hat das Versprechen von Zugehörigkeit eine Zukunft. Ein Weniger im Sinne von Konsumverzicht kann ein Mehr im Sinne von Zufriedenheit bringen. Damit dieser Wunsch Konsequenzen auf die Wirtschaft nach sich zieht, müssen wir Menschen lernen umzudenken. Eine „Sharing-Ökonomie“ stellt lediglich Brückenköpfe auf. Die Brücke bauen müssen wir dann selber – durch Änderung unseres individuellen Konsumverhaltens. Ansonsten entpuppt sich die „Sharing-Ökonomie“ dann doch als eine reine Profitmaschinerie großer Internetkonzerne und milliardenschwerer Start-Up-Unternehmen im Ausland.

 

 

Tipps zum Start Ihres persönlichen Teilen-Haushaltes

  1. Schauen Sie sich Ihren Alltag an. In welchen Bereichen könnte Teilen Eigentum ersetzen oder ergänzen?

  2. Welche Ansprüche haben Sie an Mobilität? Muss der Touareg vor der Tür stehen für 10.000 KM Kurzentfernungen im Jahr?

  3. Verbreiten Sie die Idee der Sharing Ökonomie in Ihrem privaten Umfeld. Fangen Sie persönlich damit an.

  4. Es sind viele gute Angebote bereits da. Probieren Sie einige aus diesem Beitrag aus. 

  5. Entbehrung kann happy machen. Nutzen Sie Shared-Angebote nicht für die persönliche Effizienzsteigerung, sondern als Anfang von Eigentumsaufgabe. 

  6. Ändern Sie Ihren Konsum-Mind-Set anstatt den dritten Nebenjob zu machen. 

 

(Visited 76 times, 1 visits today)

3 thoughts on “Sharing Ökonomie. Bewusster Konsum statt Eigentum

  1. Pingback: Carsharing Medienspiegel 52/14 - Carsharing News

Schreibe einen Kommentar

Newsletter abonnieren