Unternehmenskommunikation verändert sich nachhaltig. So unterliegen Unternehmen im Internet häufig sogenannten Shitstorms. Menschen lassen ihrer Unzufriedenheit und teilweise sogar ihrem Hass freien Lauf. Meist bleiben diese Stürme sichtbar im Internet und bergen grundsätzliche Risiken für Unternehmen. Es gibt nur einen Weg, mit ihnen umzugehen: Man muss lernen, mit ihnen zu spielen, analog dem Footbonauten des Fußballvereins BVB.
1. Was sind Shitstorms?
Ein Shitstorm, so der Duden, ist ein Sturm der Entrüstung in einem Kommunikationsmedium des Internets, der zum Teil mit beleidigenden Äußerungen einhergeht. Eigentlich handelt es sich beim Shitstorm um eine „Steinigungs- und Verwünschungskultur“. Oft schließen sich weitere Shitstorm-Angehörige zu einer Art Hetzmeute zusammen. Sie steinigen aus einer Loge der Anonymität heraus. Fehler in Produkten oder fehlerhafte Kundendialoge breiten sich mit rasender Geschwindigkeit und erheblicher Reichweite im Internet aus. Der gute Ruf des Unternehmens erleidet im schlimmsten Fall massiven, nachhaltigen Schaden. Das kostet Geld… und: Reputation.
2. Fünf Strategien für die Krisenkommunikation
Im Umgang damit haben viele Firmen hohen Nachholbedarf: Einer Bitkom-Studie zufolge hat die Mehrheit der Unternehmen keinen Krisenplan für die Kommunikation auf Facebook in der Schublade. Jede vierte Firma mit Facebook-Präsenz hat noch nicht einmal einen festen Mitarbeiter, der sich um die Seite kümmert. Auf Shitstorms seien viele Unternehmen schlecht bis gar nicht vorbereitet, so das Fazit der Studie. Was können Sie tun? Sie können:
- Ignorieren
- Umdeuten
- Zugehen
- Verklagen
Von Ignorieren bis zu juristischen Vorgehensweise sind die Handlungsempfehlungen für die breit aufgestellt. Die Strategie „Zugehen“ ist die Erfolgversprechendste.
- Gehen Sie mit Kritik souverän um. Gehen Sie aktiv auf den Orkan zu. Ihre Kunden werden es Ihnen danken. Wenn Sie die Krise gut bewältigen, können Sie sogar noch mehr Ansehen bei Kunden und Influencern gewinnen, weil Sie mit Ihrer selbstbewussten Reaktion mit gutem Beispiel vorangehen.
- Geben Sie sich selbstkritisch. Bei vielen Vorschlägen besteht der erste Schritt außerdem darin, sich selbstkritisch auf den eigenen Text zu beziehen, um zu prüfen, ob es sich um eine gültige Kritik handelt. Auf keinen Fall sollten Sie Ihre Meinung bekräftigen, sondern versuchen, im Diskurs mit dem Kritiker über seine Argumente Ihren Standpunkt oder unterschiedliche Bewertungen bestimmter Phänomene zu erläutern.
- Führen Sie in Ihrem Unternehmen ein Krisentraining durch. Beziehen Sie Ihr Team in Bezug auf soziale Medien und ihre Arbeit mit ein. Es ist wichtig, ein gut geschultes Social-Media-Team zu haben, das weiß, was in jedem Moment zu tun ist.
- Reagieren Sie schnell. Entdecken Sie etwa einen negativen Kommentar auf einem Ihrer Social-Media-Kanäle? Dann sollten Sie so schnell wie möglich darauf reagieren. Soziale Medien sind ein Ventil für viele, und eine einzige Nachricht kann in kürzester Zeit zu einer Krise der Markenreputation Ihres Unternehmens führen.
- Formulieren Sie Community-Governance-Lösungen. Wenn Sie planen, Social-Media-Marketing auszulagern, achten Sie darauf, dass Sie ein renommiertes Unternehmen wählen, das weiß, wie man einen Krisenreaktionsplan entwickelt und umsetzt. Gut abgestimmte Community-Governance-Lösungen können dazu beitragen, wertvolle Zeit zu sparen, bevor die Krise ein unkontrollierbares Ausmaß erreicht.
3. Lernen Sie wieder spielen
Der BVB hat ein Trainingssystem, den Footbonauten entwickelt. Hier befindet sich der Trainingsspieler in einem Käfig, aus jeder Richtung kann ein Ball auf den Spieler geschossen werden, der ihn wieder zurückspielen muss. Der Spieler weiß nicht, aus welcher Richtung der Ball kommen wird.
BVB hat den ersten Footbonaut
Anwendung des Spiels auf die Shitstorm-Strategien:
1. Prävention: Beobachten Sie kontinuierlich die digitale Kommunikation über Ihr Unternehmen und Ihre Produkte. So können Sie schnell den Ball wieder zurückspielen und in einen spielerischen Dialog eintreten.
2. Krisenintervention: Ignorieren Sie kritische Beträge nicht und nehmen Sie alle Beiträge ernst. Treten Sie sofort und direkt mit dem Verursacher des Shitstorms in Kontakt. Betrachten Sie den Dialog stets als Ballspiel. Der „Shitstormer“ hat Ihnen den Ball zugespielt, spielen Sie ihn wieder zurück und verlangen den Ball wieder.
So unangenehm ein Shitstorm auch sein mag und wie viel Zeit er in Anspruch nehmen kann, so positiv wird das Ergebnis sein. Wenn Sie es schaffen, durch gekonntes Krisenmanagement und zielführende Kommunikation den Dialog zum Guten zu wenden, wird sich dies positiv auf Ihre Kundenbeziehung und auf Ihre Reputation auswirken. Denn die große Reichweite, die der Shitstorm haben kann, kann eine Chance sein den Ruf Ihres Unternehmens zu rehabilitieren und Ihren Kunden zu zeigen, dass Sie keine Angst vor der Konfrontation haben und sich um eine konstruktive und nachhaltige Verbesserung sorgen.
Vortragspräsentation zu Shitstorms
4. Beispiel DHL Paketdienst
Transparenz und eine schnelle Reaktion verspricht der Paketdienst von DHL. Da Kunden online einsehen können, wo ihr Paket gerade steckt, melden sich regelmäßig ungeduldige bis unfreundliche Kunden auf der Facebook-Seite, um sich über Verzögerungen zu beschweren. „Wir verwenden weder Textbausteine noch Standardformulierungen und versuchen auf jeden User individuell einzugehen“, sagt eine Sprecherin. Bei DHL Paketdienst sind zwei Mitarbeiter mit journalistischem Hintergrund für PR-Botschaften zuständig und zusätzlich neun klassische Servicemitarbeiter für die Beantwortung von Nutzerfragen. Die Dialoge werden ernst genommen, der Umgang erfolgt spielerisch. Der Ball wird aufgenommen, bespielt und wieder ins Spielfeld gebracht. Krise kann auch Spaß machen. Nehmen Sie den Shitstorm an, stellen Sie sich der Kritik und reagieren Sie angemessen, dann kann ein Shitstorm auch eine positive Wendung nehmen.
Was Sie bei einem Shitstorm beachten sollten:
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Hallo Herr Lembke,
zunächst Lob für den Beitrag und die Übertragung der Shitstormthematik auf den BVB; obwohl ich selbst gar kein Fußballfan bin 🙂 Jedoch würde ich gerne darauf hinweisen, dass die Ergebnisse meine Arbeit gezeigt haben, dass keiner der untersuchten Shitstormfälle nachhaltige Schäden für die Reputation des Adressaten hatte; kurzfristige ließen sich jedoch nachweisen. Auch sehe ich die Empfehlung des Dialogs kritisch, denn legt man die Definition eines Dialoges zugrunde, dass A auf B antwortet und B mindestens einmal wieder auf A, dann scheint es mir für das Unternehmen schwierig mit hunderten, gar tausenden Nutzern in den Dialog zu treten. Für mich liegt hier eher ein Polylog vor respektive Dialogfragmente, bei denen A zwar noch auf B reagiert, danach aber keine weitere Konversation stattfindet. VG